DACHTE

DACHTE

DACHTE

Wenn das der Himmel ist
hätt‘ ich gern
wenig mehr

Mächtig Wellen küssen
raue Felsen
sag: woher

Deine Haut schreit Sonne
gibt es zu viel
schützt sie sich

Des Nachts brennen Wälder
lasse viel zu lange
gedulden mich

ernst bohne 2013 (Text/Foto)

SPUR

SPUR

SPUR

Dir verrückt
die Spur nicht

Da kann man noch
so heftig rütteln

Auf dem Schirm
kein TILT

Dir verrückt
die Spur nicht

Hältst es hoch
dein Schild

Darauf steht:
„Mir verrückt die Spur nicht“

Jetzt glaub ich’s
einwandfrei

Dir verrückt
die Spur nicht

Und aus Eins
wird niemals Zwei

ernst.bohne 2013 (Text)
M. Riebe 2013 (Foto)

RITA SUCHT DAS WEITE

RITA SUCHT DAS WEITE

RITA SUCHT DAS WEITE*

Rehaugen
so scheu
vor jedem Blickfang
auf der Flucht

Klänge
schwingen auf
Felsen bröckeln
dunkle Schlucht

Rita
sing für uns
von der Liebe
und vom Leid

Rita
dieser Nacht
folgt ein Morgen
sprungbereit

ernst.bohne 2013 (Text)
* Tatjana Naaf van Sass 2013 (Bild)

ORTUNG

ORTUNG

ORTUNG

Barfuß
längster Pfad
sind’s Kiesel
ist’s auch Moos

Tapsen
dichter Nebel
falls sich’s findet
geh auf Los

Rufe hallen
Ortung fühlen
jene Stimme
nimmer satt

Etwas hinter
stecken Stiefel
vollgesogen
tief und matt

ernst.bohne 2013 (Text/Foto)

REIGEN

REIGEN

REIGEN

Florian schätzt Klementine
Marion, die mag Doreen
Paul schwärmt ständig für Christine
Nur ein Blick: Schön ist’s gescheh‘n

Günes rieb sich gern an Julie
Daniel tanzte mit Madeleine
Herbert passte gut zu Henri
Keiner will den Andren: Wiedersehn

Mia sagt, sie würd‘ nichts missen
Stefan lässt sich einfach steh‘n
Karl, der meidet nachts die Kissen
Manche Dinge: Könn‘ sich dreh‘n

ernst.bohne 2012 (Text)
Julia Keppeler 2013 (Illustration)

BRÜCKENTAGE

BRÜCKENTAGE

BRÜCKENTAGE

Die Möwen bringen
frohe Kunde
vom verschollenen Schiff

Auf dem Fahrrad
beste Runde
schiebt der Rückenwind

Die Sonne prahlt
zur Abendstunde
tanzend hin zum Grund

Das halbe Buch
ist vollgeschrieben
jeder Satz hat Pfund

Morgen werd‘ ich
Teilchen wiegen
die man gar nicht sieht

Füßebaumelnd
Lippen spitzen
pfeifen dieses Lied:

»You can’t always get what you wan’t«

ernst.bohne 2013 (Text/Foto)

EINHEITSTAG

EINHEITSTAG

EINHEITSTAG

Ach Dietmar
was kannst du dafür
wolltest weg aus Sonneberg

In den Siebzigern
rübergemacht
volles Risiko – mutig Werk

Diesen DDR-
Facharbeiterbrief
anerkannten sie dir nicht

Hinzu
kam deine Schlichtheit
und dies ehrliche Gesicht

Da schaffst du halt
als Fensterputzer: das ging
über dreißig Jahre gut

Ach Dietmar
dann der Schlaganfall
Leben zahlt Tribut

Jetzt Hartz IV
und keine Chance
nichts will mehr gelingen

Würd‘ dir gerne helfen
allein ich kann’s nicht
hörst du sie singen:

»An Tagen wie diesen«
wünschen sie sich
Unendlichkeit

Die bekommen wir
noch früh genug
im Erdmöbelkleid

ernst.bohne 2013 (Text/Foto)

BÜGELFIX

BÜGELFIX

BÜGELFIX

Auf den Osterinseln
ist heut Weihnacht
und es scheint
so umgekehrt

Farben mischen
sich zur Eintracht
Trommelwirbel
Radio plärrt

Rand der Wanne
sitzend Singsang
komm bald wieder
zu mir her

Die Maschine
rückt beim Schleudern
Lauge pumpend
Köpflein leer

ernst.bohne 2013 (Text/Foto)

SPIESSER (NIMM MICH MIT)

SPIESSER

SPIESSER (NIMM MICH MIT)

Wenn den ewigen Punks
die Krätze
auf den Armen sprießt
sie ihre Hunde
dreist auf den Steig scheißen lassen
und des nachts Reifen stechen

Wenn das Lehrerehepaar
beide grau und kurz frisiert
gleich groß
und einheitlich gekleidet
Gebetsfähnchen spannt
über hochgestelzter Terrasse

Wenn die Machos an der Ecke
vor dem Wettbüro so gelblich
ihre Samenschalen spucken
und Kinderhorden
auf der Straße bis in die Nacht
»Anneeeee!« zu den Fenstern schreien

Wenn der selbstgekrönte Werbegott
in nur angezahltem Loft
auf Zweitausendeuroglastisch
montagsabends
über langen, kristallinen
dicken Schienen aus der Nase blutet:

Dann schaue ich durch’s Brennglas
und suche mich
während du
ganz bald
im feinen
teuren Norden wohnst

ernst.bohne 2013 (Text/Foto)